DIE STORY VON „ROSIE THE RIVETER“
DIE STORY VON „ROSIE THE RIVETER“
/ Okt102018Mit geballter Faust krempelt die junge Frau den Ärmel ihres blauen Workshirts hoch, die Haare zusammengebunden unter einem rot-weiß gepunkteten Kopftuch, ein entschlossener Blick, der den Worten „We can do it!“ das nötige Gewicht gibt. Noch siebzig Jahre später ziert dieses Motiv tausendfach Poster, Kaffeetassen, Mousepads und T-Shirts, aber wer genau ist diese Frau, die unter dem Namen „Rosie the Riveter“ zu einer Ikone der Popkultur und einem Symbol der Emanzipation geworden ist?
Die Geschichte von Rosie the Riveter beginnt mit dem vollständigen Eintritt der USA in den 2. Weltkrieg Ende 1941, der die amerikanische Wirtschaft, insbesondere die Rüstungsindustrie, vor ein riesiges Problem stellt: jeder zusätzliche Soldat ist gleichzeitig ein Arbeiter weniger. So wird „War Effort“ zum neuen Schlagwort, unter dem die US-Regierung Werbekampagnen ausrichten und Propagandafilme produzieren lässt, um Frauen vom Herd in die Fabriken zu kriegen. 1943 zeigt der vom War Activities Committee produzierte Kurzfilm „Manpower“ erstmalig, dass auch die Hausfrauen der Nation bereits alle wichtigen Voraussetzungen mitbringen, um die Produktion von Waffen, Munition und Uniformen zu übernehmen. Im selben Jahr ziert Norman Rockwells „Rosie“ das Titelblatt der populären Wochenzeitschrift Saturday Evening Post, die Zeichnung einer rothaarigen Frau mit hochgebundenem Haar und Schutzbrille auf der Stirn, kräftigen Oberarmen und einem pressluft-betriebenen Niethammer, der auf ihrem in eine robuste Latzhose gekleideten Schoß ruht, bei ihrer Mittagspause. Auf der Tasche der vor einer den Hintergrund vollständig ausfüllenden Stars and Stripes platzierten Frau steht der Name „Rosie“, ihr Fuß ist auf einer Ausgabe von „Mein Kampf“ abgestellt.
Nach Kriegsende war es mit der vermeintlichen Gleichberechtigung bald wieder vorbei und die Regierung war fast genauso schnell mit der Produktion von neuen Filmen, mit deren Hilfe die Frauen des Landes zu ihrem „natürlichen“ Platz bei Heim, Herd und Familie zurückfinden sollten. Weibliche Arbeitskräfte, deren kurz zuvor unverzichtbar waren, wurden in Massen entlassen, um Arbeitsplätze für die heimgekehrten Männer zu schaffen. Zählte vorher War Effort, war nun die Familie und deren Wohlstand zum Motor der Nachkriegswirtschaft geworden. Dennoch hat Rosie vielen Frauen gezeigt, dass es auch anders geht und hat damit eine gesellschaftliche Entwicklung in Gang gesetzt, die erst nicht totzukriegen und schließlich nicht mehr aufzuhalten war.
SLIDESHOW „Rosies of Rumble59“
Norman Rockwell vs. Howard Miller
Obwohl Rockwells Zeichnung die ursprüngliche Visualisierung von Rosie ist, hat er die Figur nicht erfunden, sondern wurde von dem gleichnamigen Song inspiriert. „Rosie the Riveter“, der zahlreich interpretiert wurde, erzählt in ermunternden Worten, wie die Soldatenbraut mit ihrer Arbeit am Fließband das Leben ihres Geliebten an der Front schützt, wofür sie sich gerne auch mal Hände und Kleidung mit Öl und Schmierfett schmutzig macht. Im Lauf der Zeit hat jedoch ein anderes Motiv Rockwells Rosie aus dem Gedächtnis verdrängt und seinen Platz eingenommen. Das ironischerweise bereits ein Jahr zuvor entstandene „We can do it!“-Motiv ist nur eines aus einer ganzen Reihe von Postern, die der aus Pittsburgh stammende Künstler J. Howard Miller 1942 für die Westinghouse Company entwarf, und die auch nur für knapp zwei Wochen in einer der Westinghouse-Fabriken im Mittleren Westen zu sehen waren. Es basiert auf einer Fotografie der Fabrikarbeiterin Geraldine Doyle und war ursprünglich nicht mit dem Namen Rosie verknüpft. Erst viel später, als es wiederentdeckt wurde und seinen Weg in zahlreiche politische Bewegungen und Bürgerrechtskampagnen fand, wurde es damit in Verbindung gebracht. Ein möglicher Grund für den größeren Bekanntheitsgrad von Millers Motiv gegenüber Rockwells Original liegt sicher in der größeren Universalität seiner Abbildung, in der die Frau nicht an eine bestimmte Nation, Feind oder Zeit gebunden ist, sondern das Zentrum bildet und die damit eine Vielzahl von Idealen verkörpern kann.
Norma war Rosie
Die wohl bekannteste der zahlreichen Rosies ist Marilyn Monroe, die 1944 von dem Armeefotograf David Conover in der Montageabteilung einer Rüstungsfabrik in Burbank entdeckt wurde. Damals träumte Norma Jeane Dougherty von einer Karriere als Schauspielerin, und es war Conover, der ihr Talent erkannte und ihr den Einstieg in das Modelbusiness ermöglichte.