Mike Ness
Mike Ness
/ Dez112019Punkrocker und Countryfan, Hausbesetzer, Systemkritiker, bekennender Antirassist, Frauenheld, Veganer…puuh, es gibt sogar in der Rock’n’Roll-Welt wenige Menschen, die so viele Rollen ausgefüllt haben und ausfüllen wie Mike Ness. Und wusstest du, dass der von Kopf bis Fuß tätowierte Frontmann von Social Distortion mit seinen 57 Jahren immer noch regelmäßig zum Sparring in den Ring steigt? Aber fangen wir von vorn an.
Punkrocker mit einem großen Herz für Outlaw-Country
Nicht erst auf seinen Soloalben zelebriert Mike Ness seine Liebe zum Country, Blues und Oldschool-Rock’n’Roll. Seit „Prison Bound“ ist auch das musikalische Werk seiner legendären Punkcombo Social Distortion geprägt von den Roots amerikanischer Rockmusik. Kein Wunder, schließlich wächst Ness in den 60er- und 70er-Jahren mit der Musik Hank Williams, der Carter Family und Woody Guthrie auf.
Doch dann entdeckt er den Punk und der ist nicht nur neu und aufregend. Seine Fuck-off-Attitüde kommt dem rebellischen Kalifornier entgegen, der angeblich schon mit 15 von seinem Vater aus dem Haus geworfen wird.
Mit 16 gründet Mike Ness mit Schulkameraden Social Distortion und gibt gleich richtig Gas – leider nicht nur mit der Musik, sondern auch mit den Drogen. Schon bald hängt er an der Nadel. Zusätzlich hat Ness Ärger mit dem Gesetz, mit den Menschen um sich herum, kurz mit allen einschließlich sich selbst. Für Social Distortion bedeutet das, dass nach dem Debütalbum „Mommy’s Little Monster“ (1982), das die Band in Punkkreisen bekannt gemacht hat, für ein paar Jahre Schluss ist.
Erst 1988 erscheint „Prison Bound“ und präsentiert einen cleanen Frontmann und einen neuen, countryesken Sound. Von da an geht es straight aufwärts, sowohl mit Ness selbst, der nach seiner „Ausnüchterung“ eine Zeitlang als Maler Geld verdient, als auch mit Social Distortion.
Erfolge mit Stadion-Punk und Outlaw Country
Das einfach nur als „Social Distortion“ betitelte Major-Label-Debut (1990) kennen wohl nicht nur Fans der Band. Schließlich versammelt es mit „Story of my Life“, „Ball and Chain“ und dem Cash-Cover „Ring of Fire“ einige der größten Hits der Band.
Die füllt heute längst große Hallen und hat einen Sonderstatus als Band, auf die sich eingefleischte Punk-Fans genauso einigen können wie Rockabillies und Country-Liebhaber. Das gilt auch für Mike Ness. Der trotz seiner Exzesse erstaunlich jung aussehende Sänger und Gitarrist pflegt inzwischen seine Liebe zu amerikanischer Roots-Musik als Solokünstler genauso wie mit Social Distortion, steht schon mal gemeinsam mit Bruce Springsteen auf der Bühne und ist stolzer Familienvater.
Außerdem hat er es seit einigen Jahren komplett aufgegeben, tierische Produkte zu essen und macht sich für PETA stark. Auch seine eigenen Gitarrenkünste, die nach Angaben von Zeitgenossen anfangs ziemlich erbärmlich waren, hat Ness aufpoliert.
Klingt nach gesetztem Alter? Ja und nein. Schließlich ist da noch die Sache mit dem Boxen, eine Sportart, die Mike Ness inzwischen fast so wichtig ist wie die Musik. Das bekam unlängst ein Trump-Fan zu spüren, dem er als Dank für einen Mittelfinger zwei blaue Augen verpasste – während eines Konzerts wohlgemerkt. Einmal Punk, immer Punk eben.
Ein Artikel von Johannes Jooss